Versäumte Klagefrist: Prozesserfolg dank eingeschränkter Zustellzeiten privater Postdienstleister?
Um Rechtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt für sich zu entscheiden, müssen Steuerzahler nicht nur in der Sache recht haben, sondern auch die zentralen verfahrensrechtlichen Fristen einhalten - allen voran die einmonatige Frist zur Einspruchseinlegung und Klageerhebung.
Hinweis: Wer das (vermeintliche) Fristende versäumt, sollte mit spitzer Feder nachrechnen, ob der Beginn und das Ende der Frist zutreffend errechnet worden sind.
Für den Fristbeginn ist entscheidend, wann ein Steuerbescheid bzw. eine Einspruchsentscheidung bekanntgegeben wird. Bei einer (inländischen) Übersendung per Post wird nach der Abgabenordnung der dritte Tag nach der Aufgabe des Schriftstücks zur Post als Bekanntgabetag vermutet. Fristbeginn ist der Folgetag.
Dass die 3-Tage-Bekanntgabefiktion entkräftet werden kann, so dass eine (scheinbar) verspätete Klage doch noch fristgerecht ist, zeigt ein aktueller Fall des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung am Freitag, den 27.02.2015, verschickt hatte.
Nach der 3-Tage-Bekanntgabefiktion erfolgte die Bekanntgabe am Montag, den 02.03.2015, so dass die Einspruchsfrist am 03.03.2015 begann und am 02.04.2015 (Donnerstag vor Ostern) endete. Die Klageschrift ging jedoch erst am 07.04.2015 (Dienstag nach Ostern) ein, so dass das Finanzgericht (FG) die Klage als unzulässig verwarf. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wies darauf hin, dass die Einspruchsentscheidung ausweislich des Eingangsstempels seiner Kanzlei erst am Dienstag, den 03.03.2015, bei ihm eingegangen sei, so dass die Klagefrist erst am 04.03.2015 begonnen und am 03.04.2015 (Karfreitag) geendet habe. Da dieser Tag jedoch ein Feiertag gewesen sei, hätte sich die Klagefrist auf den nächstfolgenden Werktag - Dienstag, den 07.04.2015 (24 Uhr) - verlängern müssen, so dass die Klage durchaus noch fristgerecht eingelegt worden sei.
Das FG lehnte diese Fristberechnung ab, wurde vom BFH nun jedoch auf ein Detail hingewiesen, das bis dato niemand beachtet hatte und das für den Kläger durchaus den Prozesserfolg bedeuten könnte: Das Finanzamt hatte für die Versendung der Einspruchsentscheidung einen privaten Postdienstleister beauftragt, der gesetzlich nicht verpflichtet ist, Post auch an Montagen zuzustellen. Ob er dies freiwillig getan hatte, war vom FG nicht geklärt worden, ist jedoch von zentraler Bedeutung und in einem zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Die 3-Tage-Bekanntgabefiktion wäre ohne weiteres entkräftet, wenn der Postdienstleister an Montagen gar keine Post ausliefern würde. In diesem Fall hätte die Bekanntgabe nicht - wie vom FG angenommen - am Montag, dem 02.03.2015, erfolgt sein können. Somit könnte sich die Fristberechnung des Prozessbevollmächtigten doch als korrekt erweisen, so dass die Klageerhebung fristgerecht war.
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(aus: Ausgabe 07/2018)