Verfahrensrecht: Keine Pfändung der Corona-Soforthilfe
Wer hätte Anfang des Jahres gedacht, was da auf uns zukommt und welche Auswirkungen ein Virus auf unser Leben haben kann. Und zwar neben unserem sozialen auch auf das wirtschaftliche Leben. Der Staat hatte für einige Bereiche beschlossen, dass Geschäfte geschlossen werden müssen oder Dienstleistungen nicht mehr angeboten werden dürfen. Als Ausgleich gab es von den Bundesländern bestimmte Soforthilfen, die die Unternehmen über Wasser halten sollten. Aber was gilt für die Soforthilfen, wenn das Finanzamt gegenüber dem Unternehmer noch Forderungen hat? Dies musste das Finanzgericht Münster (FG) entscheiden.
Der Antragsteller betreibt einen Reparaturservice und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aufgrund der Corona-Pandemie erhielt er keine Aufträge mehr. Daher beantragte er am 27.03.2020 beim Land Nordrhein-Westfalen eine Corona-Soforthilfe von 9.000 EUR für Kleinstunternehmer und Soloselbständige. Diese wurde mit Bescheid vom selben Tag auch bewilligt und auf das Girokonto des Antragstellers überwiesen. Für das Konto bestand allerdings eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts wegen Umsatzsteuerschulden aus den Jahren 2017 bis 2019. Daher verweigerte die Bank die Auszahlung der Corona-Soforthilfe. Der Antragsteller begehrte daraufhin die einstweilige Einstellung der Pfändung.
Das FG gab dem Antrag statt. Das Finanzamt musste die Pfändung des Kontos aufheben und eine weitere Kontopfändung bis zum 27.06.2020 einstellen. Es bestand ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Corona-Soforthilfe nicht von den zivilrechtlichen Pfändungsschutzregelungen erfasst wird. Die Vollstreckung und Aufrechterhaltung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung bedeutete einen unangemessenen Nachteil für den Antragsteller, da die Bank aufgrund dessen die Corona-Soforthilfe nicht auszahlte. Durch die Pfändung wird also der Zweck der Corona-Soforthilfe beeinträchtigt. Sie dient nämlich zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 01.03.2020 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie entstanden sind. Nicht umfasst sind davon vor dem 01.03.2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsengpässe oder etwa auch (Alt-)Steuerschulden. Ein Nachweis über die Verwendung der Soforthilfe war nicht notwendig. Da die Soforthilfe mit Bescheid vom 27.03.2020 für einen Zeitraum von drei Monaten gewährt wurde, war die Vollstreckung bis zum 27.06.2020 einzustellen.
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(aus: Ausgabe 10/2020)