Kapitalgesellschaft: Zu welchem Zeitpunkt entsteht ein Auflösungsverlust?
In der Vergangenheit hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach mit der Frage befasst, wann ein Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entsteht. In einem neuen Beschluss hat der BFH nun darauf hingewiesen, dass die zeitliche Verlustzuordnung durch die BFH-Rechtsprechung nach wie vor geklärt ist. Die Bundesrichter verweisen unter anderem auf zwei Entscheidungen aus den Jahren 2014 und 2018:
- Bürgschaftsinanspruchnahme: 2014 hatte der BFH entschieden, dass der Gesellschafter einer insolventen GmbH keinen Veräußerungsverlust geltend machen kann, solange die Höhe seiner Bürgschaftsinanspruchnahme nicht eindeutig feststeht. Im Urteilsfall hatte ein Gesellschafter eine Bürgschaft von 450.000 EUR für Schulden seiner GmbH übernommen. Nachdem 2010 das Insolvenzverfahren über das Gesellschaftsvermögen eröffnet worden war, führte der Gesellschafter einen Schriftwechsel mit seiner Bank, um über die Höhe der tatsächlichen Bürgschaftsinanspruchnahme zu verhandeln. Erst im Mai 2011 teilte ihm die Bank mit, dass sie ihn gegen Zahlung von 60.000 EUR aus der Bürgschaft entlasse. Fraglich war, ob der Gesellschafter den Verlust bereits 2010 abrechnen konnte, obwohl die Höhe der Bürgschaftsinanspruchnahme zu diesem Zeitpunkt noch fraglich war. Der BFH verneinte das und entschied, dass ein Auflösungsverlust erst entsteht, wenn die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten feststeht. Dies war 2010 noch nicht der Fall, da noch bis in das Jahr 2011 hinein Verhandlungen mit der Bank geführt worden waren.
- Zivilrechtliche Auflösung: 2018 hatte sich der BFH mit der Klage von Eheleuten auseinandergesetzt, für die der zeitliche Ansatz des Verlusts erhebliche steuerliche Auswirkungen entfaltete. Zum Hintergrund: Verluste, die im Entstehungsjahr nicht direkt mit positiven Einkünften verrechnet werden können, dürfen in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen werden, so dass sie dort ihre steuermindernde Wirkung entfalten können. Weiter in die Vergangenheit zurückgetragen werden darf der Verlust jedoch nicht. Im Urteilsfall war der Ehemann im Jahr 2011 zu 78,125 % an einer AG beteiligt gewesen. Nachdem der Vorstand Ende 2011 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, lehnte das Amtsgericht den Antrag 2012 mangels Masse ab. Später wurde die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht. Da die Eheleute 2010 hohe gewerbliche Einkünfte erzielt hatten, wollten sie vor dem BFH erreichen, dass der Auflösungsverlust für das Jahr 2011 angesetzt wird, so dass ein Rücktrag nach 2010 eröffnet ist. Das Finanzamt war hingegen der Ansicht, dass der Verlust erst nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in 2012 anzusetzen war, so dass ein Rücktrag nach 2010 ausschied. Der BFH gab dem Finanzamt recht und urteilte, dass der Verlust in 2011 noch nicht entstanden war, weil es zu diesem Zeitpunkt noch an der zivilrechtlichen Auflösung der AG fehlte.
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(aus: Ausgabe 04/2019)